Mostly harmless nature
Heute war ein vielseitig ereignisreicher Tag. Es begann mit einem Tauchgang an den Riffs Tortugas und Sabalos bei Playa del Carmen. Kaum abgetaucht trafen wir an Tortugas grad die erste Loggerhead Schildkröte, ein Biest von 1.20 m Panzerlänge auf etwa 20 m Tiefe. Aufgrund der starken Strömung tauchten wir auch auf diese Tiefe ab und hielten uns an einem Stein fest, während das stromlinienförmige Reptil mit seinem grossen, kräftigen Flossen locker dagegen ankam. In ihrem Windschatten waren mehrere Fische, die symbiotisch mit ihr zusammenleben; darunter ein Remora, mit welchen ich später noch nähere Bekanntschaft machen würde. Als die Schildkröte ausser Sicht war, liessen wir uns von der Strömung weiter durch das Riff treiben. Unterwegs sahen wir einen Stingray, Barracudas und, unter einem Felsvorsprung, einen der berüchtigten Clownfische; diese zwar hübschen aber giftig gestachelten Fische sind hier nicht heimisch, sondern von Asien eingeschleppt und vermehren sich mangels Räubern in der Karibik nahezu unkontrolliert. Während das Fischen, ob mit Speer oder Harpune, beim Tauchen geächtet wird (es ist schlicht unfair, da wir Menschen von den Tieren im Riff nicht als Bedrohung wahrgenommen werden), gilt der Clownfisch als Freiwild und demnach war eine Gruppe auf dem Boot mit Speeren bewaffnet auf der Jagd nach ihnen – und erfolgreich, sie töteten 6 der Tiere. Und das nur, weil es Ausländer sind… Am Ende des ersten Tauchgangs schwamm ein Remora zu uns und wollte sich an mir festmachen und mich putzen; eigentlich machen sie das an Schildkröten, Haien und Walen. Er muss mich wohl für einen Hai gehalten haben, die anderen zwei Optionen scheinen etwas weit hergeholt. Etwas verwirrt durch das mir dann unbekannte Wesen war ich zuerst nicht sicher, was er von mir wollte; erst als er anfing, mich zu putzen, verstand ich seinen Gedankengang: ich putze Dich und dafür halte ich mich an Dir fest und Du nimmst mich mit. Leider ging allmählich die Luft zu Ende und wir mussten die Boje zum Aufstieg aufblasen. Mein neuer Freund begleitete mich treu von den 18 m Tiefe bis ans Ende unseres Sicherheitsstopps bei 5 m, von wo aus wir dann vollends aufstiegen.
Im zweiten Tauchgang fanden wir eine hawkbill Schildkröte, welche am Meeresgrund begleitet von einer Flotte Fische, nach Futter suchte. Diese Fleischfresser nutzen ihre hakenförmige Nase und kräftigen Kiefer zum Knacken von Krebsen und Verwandten. Die Fische hoffen auf kleine Überbleibsel der Meeresfrüchte. Sichtlich irritiert von meiner unmittelbaren Nähe gab sie mir ein paar schiefe Blicke, bis ich mich aus Angst vor dem Verlust eines praktischen Gliedmasses von ihr entfernte.
Nach einem kurzen Lunch mit Nick verbrachte ich etwas Zeit in der Rooftop Bar des Hostels mit Lesen, bis uns ein harter Sturm traf. Innert Sekunden kam ein enormer Wind und harter Regen auf, welcher die Bar komplett verwüstete. Im Chaos, bevor wir uns in den einzig geschlossenen Raum, die Vorratskammer, flüchten konnten, trat ich noch barfuss in eine Glasscherbe. Als der Sturm vorbei war, entfernte ich (hoffentlich) alle Glassplitter aus meiner Sohle und verarztete die Wunde. Nach uns traf der Sturm wohl ein Umspannwerk; einige Überspannungen verjagten die meisten Glühbirnen mit lauten Knalls, was nach dem Aufräumen wieder zu neuen Scherben führte.
Zum Abendessen luden mich das mexikanische Pärchen von gestern ein, mit ihnen ihr selbstgekochtes Essen mitzuessen; ich hoffe, mich morgen Abend revanchieren zu können, weiss aber noch nicht so recht was kochen…
Momentan nicht wirklich in der Lage, weit zu laufen, war ich froh um neue Gesellschaft in Form völlig durchgedrehter Australier (alle, die Australier vom Reisen kennen: bitte entschuldigt die Redundanz), mit denen ich den Rest des Abends verbrachte und welche mir tolle Reisetipps für Chiapas und Oaxaca geben konnten. Vermutlich bleibe ich doch länger als geplant in Mexico… 🙂